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Religion und afro-brasilianische Kultur

Die kulturellen Werte der verschiedenen Völker dieser Erde sind eng mit ihren Manifestationen von Glauben und Religion verbunden. Es ist unmöglich, die Wesensart der verschiedenen Völker der Erde voneinander zu unterscheiden, ohne das Gewicht zu berücksichtigen, das Religion und Glauben für ihre kulturelle Entwicklung gespielt haben.

Die Religion ist so bestimmend für die kulturelle Identität eines Volkes, dass sie immer wieder und zu verschiedenen Zeiten der Weltgeschichte als Herrschaftsform oder auch als Grund für Verfolgung und Völkermord benutzt wurde.
Im speziellen Falle der Afro-Brasilianer bewirkte die historische Diskriminierung, welche die afrikanischen Religionen erlitten, dass sie verschiedene Strategien benutzten, und so bis heute überleben konnten.
Wenn die katholische Kirche auf der einen Seite während vieler Jahrhunderte für die Konfrontation, die Verfolgung und das Verbot der aus Afrika kommenden Kulte optierte,  wählten andererseits die Afro - Brasilianer als Strategie den Dialog und die Toleranz, die im religiösen Synkretismus mündeten, einer friedlichen Form, die Religion lebendig zu erhalten.
Ergebnis dieser wahrhaftigen, stillen und friedlichen Revolution der afrikanischen Religionen ist, dass wir heute in unserem Lande eine offenere und modernere katholische Kirche haben, die mit den Afro-Kulten in verschiedensten kulturellen und religiösen Formen zusammenarbeitet. Hier siegten die Toleranz und der afro-brasilianische Widerstand mit den Waffen der Kultur und des Glaubens.
Genau im Gegensatz zu dieser Entwicklung begeht eine andere christliche Strömung die gleichen Fehler mit Verfolgung, Diffamierung und Diskriminierung, wie dies der mittelalterliche Katholizismus tat. Einige evangelikale Religionen versuchen eine Mauer zwischen dem Guten und dem Bösen  aufzurichten – zwischen denen, die auf der Seite Gottes und denen, die auf der Seite des Teufels stehen. Auf der Seite des Guten sind natürlich immer die Anhänger ihrer Doktrinen, und auf der Seite des Bösen sind die afrikanischen Religionen.
Auffällig ist die Strategie der Intoleranz und die Verbindung, die diese Religionen herstellen zwischen dem Bösen und den afrikanischen Religionen. Dies geschieht genau wie  in der Vergangenheit, verbal aber auch mit Angriffen und Gewalt gegen Kultstätten der afrikanischen Religionen, mitten im 21. Jahrhundert. Dabei wird bei diesen Aktionen der evangelikalen Religionen nicht völlig klar,  was eigentlich die wirklichen Motive hinter diesen hasserfüllten Predigten sind. Wir wissen, dass eines der Ziele dieser Angriffe der Kampf um neue Anhänger ist. Aber dies allein rechtfertigt das Ausmaß von Hass und Arroganz noch nicht.
Wir nehmen an, dass hinter all diesem der alte und uns allzu bekannte Rassismus liegt. Die starke Teilnahme von Afro-Brasilianern, die mit sich das kulturelle Gepäck der Schwarzen führen, bewirkt, dass Sektoren dieser Kirchen den Afro-Brasilianer nur als ein weiteres Schaf wahrnehmen, das ihre Herde vergrößert.
Die afro-brasilianische kulturelle Präsenz kann man heute in der Musik, im Tanz, im Konsum und in der Ausrichtung dieser Kulte wahrnehmen. Hierbei gibt es bedenkliche Tendenzen, die es kritisch zu beobachten gilt. Es gibt keine ältere und rassistischere Art der Kontrolle, als die kulturelle Identität und die religiöse Vergangenheit einer Gruppe  durch einen verschleierten Rassismus zu destrukturieren und schlecht zu machen.
Es bleibt offen, ob diese neuen Anhänger einfach für eine Stellung als neue, weiß gemachte Schafe optieren, oder ob sie es machen wie ihre Brüder in der nördlichen Hemisphäre. Diese mussten als Antwort auf den Rassismus und die religiöse christliche Absonderung eine andere, eine schwarze Form finden, die Liebe zu Christus zu predigen, ohne ihre kulturelle Identität zu verlieren und ohne sie zu verneinen. Dies hatte zur Folge, dass die schwarzen evangelikalen Kirchen eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste kulturelle Äußerung der Afro-Amerikaner in den USA sind.
Es bleibt außerdem offen, ob der friedliche und säkulare Widerstand der afrikanischen Religionen weiterhin so friedlich bleiben wird angesichts der Vielzahl von Angriffen, besonders mit solch mächtigen und modernen Waffen wie den evangelikalen Kommunikationsmitteln.
Es gibt nur eine Wahrheit, in der katholischen wie in der evangelischen Kirche oder in anderen Religionen – die afrikanische Präsenz mit ihrem tausendjährigen kulturellen Gepäck wird auch in Zukunft immer einen Unterschied machen.