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Im Abseits Soziale Ausgrenzungen im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft

Die WM 2014 wirft ihren Schatten voraus
Der Runde Tisch Brasilien veranstaltete vom 30.11.-02.12.2012 eine Tagung mit dem Thema Copa para tod@as! Die Männer-Fußball-WM 2014: ein brasilianisches „Sommer“-Märchen? (Dokumentation zur Tagung sowie Tagungsband:  www.kooperation-brasilien.org). Inhalt dieser Brasilienfachtagung war die kritische Auseinandersetzung mit den negativen Auswirkungen der WM-Vorbereitungen.

Vertreter brasilianischer Organisationen sowie Referentinnen und Referenten aus Deutschland diskutierten verschiedene Aspekte der Menschenrechtsverletzungen im Zuge der WM-Bauarbeiten. Besonders im Hinblick auf die erheblichen rechtlichen Konzessionen gegenüber der FIFA wurde klar, dass die Regierung nach der Pfeife der FIFA tanzt. Doch der Widerstand in der Bevölkerung regt sich. Luiz Kohara von der Organisation Centro Gaspar Garcia und Thiago Hoshino von der Organisation Terra de Direitos berichteten von den Aktivitäten der Bürgerkomitees, die sich schon vor mehr als einem Jahr in allen zwölf WM-Städten gründeten. Das nationale Netzwerk dieser Comitês Populares veröffentlichte bereits im März 2012 eine umfangreiche Dokumentation der durch die WM-Vorbereitungen verursachten sozialen Probleme (www.portalpopulardacopa.org.br).
Ein offensichtlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang die staatliche Verschuldung, denn der Bau beziehungsweise die Renovierung von neun der zwölf Stadien wird mit staatlichen Mitteln finanziert. Eine Studie des Bundesrechnungshofes (TCU) vom Januar 2011 ergab, dass die WM 12 Milliarden Dollar kosten wird, die fast ausschließlich die öffentliche Hand finanziert. Vor fünf Jahren sicherte der damalige Sportminister Orlando Silva zwar zu, dass für den Stadienbau keine öffentlichen Mittel eingesetzt würden, private Investoren fanden sich jedoch nicht. Aufgrund des enormen Zeitdrucks und der Rückstände ist auch noch mit weiteren Kostenexplosionen zu rechnen. Wie es in den anderen Gastgeberländern der Fall war, ist anzunehmen, dass die ursprünglich vermuteten Kosten im späteren Verlauf der Bauphasen weit überschritten werden. Diese immensen Summen an öffentlichen Mitteln fehlen in der Folge in anderen Bereichen wie Bildungswesen, Gesundheit oder sozialer Wohnungsbau und werden dann dort eingespart.
Auf der Brasilien-Tagung wurden weiterhin ausführlich die sozialen Konflikte aufgrund von städtebaulichen Maßnahmen im Zuge der WM-Vorbereitungen analysiert. Gemäß dem Netzwerk der Comitês Populares sind 150.000 bis 170.000 Menschen von Räumungen und dem Verlust ihrer Häuser bedroht. Bis Ende 2011 kam es bereits zu 21 Zwangsräumungen in sieben Städten. Außerdem erfahren die Austragungsstädte eine Wertsteigerung am Immobilienmarkt, was wiederum zur Ausgrenzung ärmerer Bevölkerungsgruppen führt.

Platzverweis für Straßenhändler/Innen

Während der Olympischen Spiele von 1988 in Seoul wurden die Straßenhändlerinnen und Straßenhändler von den Hauptstraßen verdrängt und hinter Mauern und in Gassen versteckt, das war ein Teil der Säuberungsprozesse der Stadt. Bei den Olympischen Spielen von 1992 in Barcelona wurde der Straßenhandel völlig verboten. In Südafrika verboten die Richtlinien der FIFA den informellen Handel in der Nähe öffentlicher Gebäude, Kirchen, Bankautomaten und in den offiziellen Sonderzonen der FIFA – oder wie die es bezeichnet in den „Bereichen mit Handelsrestriktionen“. Diese beschränken sich nicht nur auf die Umgebung der Stadien, sondern umfassen unter anderem auch offizielle Veranstaltungsorte der FIFA (wie Fanmeilen, große Fan-Festplätze, meist in den Stadtzentren oder an Stränden errichtet), Akkreditierungsbereiche, offizielle Trainingsstätten, Hotels, in denen die internationalen Delegationen und die Vertreter der FIFA untergebracht sind. In Südafrika war jeglicher nicht-autorisierter Handel im Umkreis von 100 m dieser Orte (2 km Umkreis im Falle von Stadien) verboten. Außerdem war die Verwendung einer langen Liste von Begriffen ausdrücklich verboten, die einen Bezug zur WM, FIFA und zum Fußball haben.
In Brasilien ist der Straßenhandel ein Teil der Kultur. Man kann sich São Paulo nicht ohne die Rua 25 de Março vorstellen, oder Salvador ohne die unzähligen Stände, die Armbänder, Acarajé oder alle Arten von Billigware verkaufen. Jede Stadt hat ihren typischen Markt, ihre berühmte Anhäufung von Buden. Doch der informelle Handel ist nicht Teil der Pläne des Landes für das Megaevent. Das allgemeine WM-Gesetz (Lei Geral da Copa) definiert erhebliche Einschränkungen. Das Gesetz garantiert der FIFA, ihre Marken exklusiv zu verkaufen und zu bewerben sowie Exklusivität für ihre Werbeaktivitäten und für Handel auf den Straßen in der Umgebung sowie den Zufahrtsstraßen der Stadien. Festgelegt sind die Exklusivzonen für das Marketing der FIFA in einem Umkreis von 2 km um die offiziellen Wettbewerbsorte. Diese Zonen der Handelsrestriktionen können auf Hotels, Medienzentren und sonstigen sogenannten Sicherheitsbereiche der WM ausdehnt werden. Die genauen Grenzen der Sonderzonen handelt die FIFA direkt mit den jeweils zuständigen städtischen Behörden aus.
Für Érick Omena, Wissenschaftler am Observatório das Metrópoles fehlt dem WM- Gesetz und dem ganzen Planungsprozess der WM-Vorbereitungen Transparenz. Gerade die Übertragung vieler Planungsentscheidungen an die Stadtverwaltungen sieht er als problematisch an. „Die Städte gewinnen Verhandlungsvollmacht gegenüber der FIFA und dem Gewerbe. Eine einfache Entscheidung wie diese hat zahlreiche Folgen. Die Gemeindepolitik ist sehr auf den Klientelismus ausgerichtet und fatalerweise werden diese Entscheidungen davon beeinflusst.“ Er erkennt zwei Probleme in den Sonderzonen: „Das erste ist die nationale Souveränität über das Territorium. Die territoriale Kontrolle wird an private Akteure übergeben, und das ist sehr gravierend. Die FIFA und ihre Partnerfirmen werden die Macht über Teile des brasilianischen Territoriums übernehmen. Es werden sogar Spezialgerichte geschaffen, die über Delikte gegen eine Ausnahme-Gesetzgebung entscheiden. Das zweite ist die Ausgrenzung von Händlerinnen und Händlern, die keine Produkte mit Bezug zur WM verkaufen dürfen. Ganz zu schweigen von der Situation der Straßenhändler/Innen. Seit Jahrzehnten gibt es eine Kultur der Repression gegen sie. Das wird sich sicherlich während der WM zuspitzen.“
Der Zusammenschluss von Organisationen informeller Händler/Innen aus verschiedenen Ländern, StreetNet internacional, die 2002 in Südafrika gegründet wurde, führte eine Studie in den zwölf Austragungsorten der WM 2014 durch, um die potenziellen Auswirkungen auf die Straßenhändler/Innen zu bewerten: „WM für Alle – die Situation der Straßenhändler/Innen in den Austragungsorten der WM 2014“ (s.a. www.apublica.org/category/documentos)-
Die Studie bietet einen Überblick über die aktuelle Situation der Straßenhändler/Innen in Brasilien. Sie zeigt, wer sie sind, was sie wollen und wie sie von dem Megaevent 2014 betroffen sein werden. Während viele noch nicht einmal von den Sonderzonen wissen, haben sich andere schon vernetzt und trafen sich sogar schon zu einem Vernetzungstreffen, zu dem StreetNet Ende letzten Jahres einlud. Aus diesem Treffen ging eine Protestnote mit dem Titel hervor: „Eine andere WM ist möglich: die Rechte der informellen Händlerinnen und -händler müssen respektiert werden.“ Eine Vertreterin aus Rio de Janeiro sagte: „Die WM ist nicht für die Armen, denn die Bevölkerung wird nichts an dem Event verdienen und die Straßenhändler werden sicherlich sehr darunter leiden, wie es schon bei den Panamerikanischen Spielen geschah.“
Der Bericht von Streetnet betont, dass „in den untersuchten Städten von den Stadtverwaltungen seit Anfang 2011 einseitig die Bewilligungen für Straßenhändler/Innen aufgehoben wurden, vor allem innerhalb der Gebiete, die wahrscheinlich der FIFA während der WM zur Verfügung gestellt werden.“ Er zeigt auch, dass es Fehler und Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den städtischen Bestimmungen und den Bundesgesetzen gibt, die Bewilligungen für informelle Arbeiter ausstellen. In den meisten Städten bieten die Verwaltungen lediglich die Lösung an, die Händler/Innen in spezielle Markthallen zu verlagern, die weit vom Zentrum entfernt sind, weit außer Sichtweite des Publikums. Zu den Vorbereitungen für die WM in den Städten heißt es in dem Bericht: „Die Städte, in denen die Spiele der WM austragen werden, durchlaufen einen Prozess der Gentrifizierung. Diese Entwicklung steht in Zusammenhang mit der Schaffung von keimfreien Städten als Anpassung der Städte an die Megaevents und ihre Gestaltung als globale Städte.“ Der Bericht zeigt, dass das Informationsdefizit in Hinblick auf das Megaevent so groß ist, dass viele den WM-Spielen in der Stadt mit Optimismus entgegensehen und noch nicht einmal von Sonderzonen gehört haben.
Laut Nora Wintour, der Koordinatorin der Kampagne von StreetNet, die die WM in Südafrika begleitete, ist Desinformation ein Kennzeichen der FIFA-Veranstaltungen: „Ich schätze, dass mindestens 100.000 Straßenverkäuferinnen und -verkäufer von den Sonderzonen und Fanmeilen betroffen waren. Doch erst Mitte 2009 (folglich weniger als ein Jahr vor Beginn der WM in Südafrika) erfuhren die Straßenhändler/Innen, was passieren würde. Deshalb gab es nicht so viel Mobilisierung.“ Sie erzählt auch, dass die FIFA aufgrund der Informationskampagnen, inklusive der von StreetNet, und wegen der Angst vor schlechter Publicity, versprach, Straßenhändler/Innen für spezielle offizielle Veranstaltungen zuzulassen: „Das ist niemals passiert.“

WM-Austragungsorte und die Lage der Straßenhändler/Innen

Belo Horizonte
Die Hauptstadt von Minas Gerais zählt heute rund 25.000 informelle Händlerinnen und Händler: 47,8% verfügen über ein Einkommen von annähernd einem Mindestlohn und 32% verdienen zwei Mindestlöhne. Vor allem die Händlerinnen und Händler, die in der Nähe des Stadions Mineirão arbeiten, verlieren ihre Haupteinnahmequelle: „Rund 130 Familien sind von der Schließung des Mineirão-Stadions betroffen. Die beiden wichtigsten Stadien der Stadt wurden gleichzeitig geschlossen, um Umbauarbeiten durchzuführen. Das erschwerte die Arbeit der Straßenhändlerinnen und Händler dort, die bis zu drei Tage in der Woche ihre Produkte während der Fußballspiele und anderer Veranstaltungen im Stadion verkauften. Ein Jahr nach Beginn der Bauarbeiten haben die Händlerinnen und Händler immer noch keine Ausgleichszahlungen erhalten, die ihre Einnahmeverluste kompensieren.

Brasília
In Brasília war die größte Konzentration von Straßenhändlerinnen und Händler im Umfeld des Busbahnhofs des Plano Piloto 21 zu finden. Für 60.000 Menschen bieten die Kioske und Buden direkten Verdienst, und für rund 100.000 Menschen indirekten Verdienst. Im Zuge der WM-Vorbereitungen erhielten nur wenige eine Bewilligung, um einen Kiosk im Gelände des Busbahnhofs zu kaufen. Der Rest wurde in spezielle Markthallen verlagert. Die wichtigste Kritik an diesen Markthallen ist in den meisten Städten, dass sie weit abseits der Personenströme liegen. Die Händlerinnen und Händler mussten selbst für die Kosten des Baus von neuen Kiosken aufkommen, der ihnen von der Stadt auferlegt wurde, und verschuldeten sich durch Kredite.

Cuiabá
Laut Zahlen der Stadtverwaltung von Cuiabá gibt es rund 400 Straßenhändler/Innen in der Umgebung der Praça Ipiranga im Stadtzentrum. Die Projekte für Verkehrsinfrastruktur in dieser Region stellen die größten potenziellen Beeinträchtigungen für den Straßenverkauf dar. Der Bau von getrennten Busfahrstreifen, die eine Verbreiterung der Straßen und Verringerung der Gehwege zur Folge haben, lässt keinen Platz für die Stände des informellen Handels. Außerdem zielt die Revitalisierung der Umgebung darauf ab, die Straßenverkäufer zu entfernen.

Fortaleza
Laut der Studie von StreetNet etablierte sich der informelle Handel im Zentrum immer mehr als Überlebensstrategie für Arbeitslose. Im Zentrum gibt es auf dem Marktplatz rund 1.200 registrierte Straßenverkäufer. Die Bauarbeiten für die Durchführung der WM betreffen außer dem Zentrum Gebiete wie die Avenida Beira Mar und den Strand Praia de Iracema. Die Straßenverkäufer aus der Umgebung des Stadions Castelão mussten schon umziehen. Die Händlerinnen und Händler von anderen touristischen und öffentlichen Plätzen sind besorgt. Wegen der FIFA-Sonderzonen droht ihnen die Arbeitslosigkeit und sie fürchten die verstärkte Kontrolle von gefälschten Produkten.

Manaus
In Manaus findet man in verschiedenen Teilen der Stadt Straßenverkäuferinnen und -verkäufer, im Zentrum, im Hafengebiet und an touristischen Orten. Zusätzlich zu den Ständen gibt es „Straßenverkäufer-Autos“. Laut der Angaben in der Veröffentlichung gibt es 4.800 Straßenhändler/Innen in der Stadt Manaus, davon sind 2.500 im Zentrum tätig, vor allem in der Umgebung des Platzes Praça Matriz. Unter der derzeitigen Stadtregierung gibt es ein Wiederbelebungsprojekt mit dem Namen „Lebendiges Zentrum 28“. Die Straßenverkäufer werden in den Plänen nicht berücksichtigt. Die Händlerinnen und Händler sagen, sie wüssten nicht, was während der WM passieren kann, weil sie keine Informationen erhalten.

Porto Alegre
Auch wenn es keine offiziellen Statistiken über die Zahl der informellen Händlerinnen und Händler in der Stadt gibt, schätzen Aktivisten, dass es 2007 circa 4.000 von ihnen im Zentrum gab. Laut Spezialisten des Observatório das Metrópoles in Porto Alegre ist der Bau einer speziellen Markthalle für den Straßenhandel Teil einer Strategie zur „Säuberung“ der Stadt. Sie zielt darauf ab, die arme Bevölkerung von den touristischen Attraktionen der WM auszugrenzen. Eine kleine Gruppe von Verkäuferinnen und Verkäufern des Parks Parque da Marinha, der ziemlich nah am Stadion Beira Rio liegt, und die Essens- und Getränkeverkäufer in der Umgebung der Stadien werden die am meisten von der vorgesehenen Sonderzone der FIFA betroffen sein.

Natal
Im Stadtzentrum von Natal gibt es verschiedene Gewerbe, Dienstleistungen und Regierungsgebäude und viele Arbeiter des informellen Sektors, wie unter anderem Straßenhändler, Verkäufer in Kiosken und Marktständen. Die Studie gibt an, dass 1.600 Straßenhändler/Innen sowie 1.548 Marktverkäufer und 222 Marktstände registriert sind. Über die Auswirkungen der WM gibt es einen großen Informationsmangel und Unzufriedenheit bei Teilen der Straßenhändler. Man schätzt, dass 670 Familien von den ersten Projekten betroffen sein werden.

Rio de Janeiro
Die Aktivisten der Straßenhandelsorganisationen schätzen die Zahl der Straßenhändler/Innen im Stadtbezirk auf 60.000. Eine Erhebung der Straßenhandelsvereinigung Movimento Unido dos Camelôs (MUCA) gibt für 2009 eine Zahl von 6.000 informellen Händlern an, die als „Springer“ bezeichnet werden. Das sind die Händlerinnen und Händler, die jeden Tag an einem anderen Ort verkaufen und keinen festen Verkaufsplatz haben. Sie präsentieren ihre Waren auf einem leicht abbaubaren Verkaufsstand, damit sie der Kontrolle leichter entkommen können. Der Bericht erklärt, dass die wichtigste aktuelle Auswirkung der WM in dem Ausnahmezustand besteht, der seit den Vorbereitungen des Megaevents herrscht. Projekte werden ohne zivilgesellschaftliche Kontrolle durchgeführt und soziale Rechte verletzt. Das betrifft auch die Straßenhändler/Innen. Wegen der Renovierungsarbeiten vertrieb die Stadtregierung die Verkäufer aus der Umgebung des Maracanã-Stadions. Die Aktivisten erwarten, dass die informellen Händlerinnen und -händler auch nach Abschluss der Bauarbeiten nicht mehr in dieses Gebiet zurückkommen dürfen. Die Organisationen der im Straßenhandel und im Verkauf von Kunsthandwerk Beschäftigten fürchten die Haltung der Stadtverwaltung während der WM, denn schon bei kleineren Sportveranstaltungen werden sie heute daran gehindert, ihren Markt aufzubauen.

Salvador
Bis zum Abschluss des Berichtes gab es in Salvador nicht viele Infrastruktur-Bauarbeiten, mit Ausnahme des Umbaus des Fonte Nova Stadions. Die Verkäufer, die vorher dort arbeiteten, üben ihre Tätigkeit heute beim zweiten Stadion der Stadt aus. Es ist nicht bekannt, wo mögliche Vertreibungen stattfinden. Im Stadtzentrum gibt es Projekte zur Verbreiterung von Straßen. Sie tragen dazu bei, dass sich der Platz für Stände und Buden verringert. Und es gibt Projekte zur Verlagerung des Straßenhandels. Heute gibt es in den wichtigen Straßen der Stadt zahlreiche informelle Händlerinnen und Händler. Für den Fall, dass  eine massive Vertreibung dieser Verkäufer passieren kann, könnte die Zahl der Betroffenen 12.000 Familien überschreiten.

São Paulo
Zwischen 2009 und 2010 gab es laut der Studie 158.000 Straßenhändler/Innen in São Paulo. 43,1% hatten ein Monatseinkommen bis zu einem Mindestlohn. Im Durchschnitt arbeiten die Verkäufer 40 Stunden pro Woche. „Es herrscht ein Klima der totalen Einschüchterung der informellen Händlerinnen und Händler von Seiten der Stadtverwaltung. (…) Durch die Vereinbarungen der Stadtverwaltung mit der Militärpolizei in der sogenannten „Delegierten Aktion“ wurde die Zahl der Handelsbewilligungen um 91% verringert“, heißt es in dem Bericht. StreetNet identifiziert als zentrale Herausforderung für die informellen Händlerinnen und -händler die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung während der WM. Ihre Interessenvertretung ist aber fragmentiert und manche Organisationen vertrauen auf klientelistische Beziehungen zu Stadträten. StreetNet meint, dass eine bessere Vernetzung nötig ist, um den willkürlichen Aktionen der Stadtverwaltung und der FIFA begegnen zu können.

Die BrasilienNachrichten werden auch in Zukunft die WM-Vorbereitungen begleiten. Vorliegender Artikel erschien im Original auf http://apublica.org Die Erstveröffentlichung in deutscher Sprache erfolgte in Brasilicum 122/123.

Ausgabe 146/2012