Asche vom Amazonas
Hatoum, Milton, Übersetzung Karin von Schweder-Schreiner, Roman. 2008. Suhrkamp Verlag Frankfurt. 298 S. € 24.80
Zwei Freunde, zwei gesellschaftliche Schichten, zwei vollkommen verschiedene Viertel in Manaus. 1964: Das Militär hat gerade geputscht und beide Jungen treffen sich auf dem Elitegymnasium Pedro II wieder.
Es sind Olavo und Raimundo: Der eine wächst bei seiner Tante und deren Bruder auf, der Vater Raimundos sympathisiert mit den Putschisten und fordert von seinem Sohn „Männlichkeit“. Doch dieser steht der Kunst, der Malerei nahe und zeichnet stets und überall Karikaturen und Bilder.
Olavo wird Anwalt der kleinen Leute und begleitet von Manaus aus den Weg des Freundes durch die Welt: Rio de Janeiro, Berlin, London und wieder Rio. Rastlos getrieben von seiner Kunst und der Suche nach einem Sinn. Die Mutter Raimundos, Alícia, umgibt eine geheimnisvolle Aura, undurchdringlich und zugleich reizvoll, unkonventionell und wenig passend in die Zeit der Obristen. In Rio, am Krankenbett Raimundos, treffen sich die drei zum letzten Mal und sind doch in ihren Konstellationen der Vergangenheit gefangen.
Hatoum erzählt aus Olavos Sicht, doch immer aus wechselnden Perspektiven, sodass ein komplexes Bild der Zeit, der Stadt, der Jugendlichen, der Erwachsenen entsteht. Eine Sprache, welche die Farbigkeit, den Geruch Manaus‘ vermittelt. Ob und welche Verwicklungen es zwischen den verschiedenen Protagonisten gibt, bleibt bis zum Schluss der Entdeckungslust des Lesers vorbehalten.
Ein Roman, der den Leser nach und nach in seinen Bann zieht – bis dieser auf der letzten Seite angelangt ist.