Das Entdecken erfinden - Unterwegs in meinem Brasilien – Reisereportagen
Loetscher, Hugo. Hrsg. Jeroen Dewulf. Diogenes Zürich 2016. ISBN 978-3-257-069-56-3. € 24.00
Die meisten dieser Reisereportagen schrieb Loetscher in den 60iger und 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts, zu einer Zeit also, als in Brasilien die Militärdiktatur herrschte. Brasilien bereiste er zum ersten Mal 1965, seitdem ließ ihn das Land nicht mehr los.
Diese Zusammenstellung verschiedener Artikel konnte Loetscher noch kurz vor seinem Tod selbst initiieren, ein kongeniales Nachwort schrieb der Herausgeber Jeroen Dewulf.
‚Nein, zu klären gibt es nicht viel. Wie soll man eine Liebe erklären?‘ Beginnt der erste Aufsatz, 1992 entstanden. Und so erzählt jede literarische Reportage, jeder Aufsatz, jeder Artikel von einer Liebe, die schier unendlich ist, mal distanzierter, mal intensiver: von Salvador de Bahia, Dom Hélder Camara, Altamira, Iracema, Luís Carlos Prestes, die Geschichte der Sklaven, die Geschichten der weißen Einwanderer, Umbanda.
Und natürlich erzählen die Texte auch aufgrund der persönlichen Erfahrungen, ob im Amazonas oder in São Paulo, von Loetscher selbst, von seiner Verarbeitung des Fremden. In der subjektiven Sichtweise entsteht ein Brasilienbild vieler Facetten, vieler Brasilianer, nicht über, dafür aber mehr von Brasilien.
Obwohl die Texte vor 30/40 Jahren erschienen sind, haben die meisten von ihrer Aktualität nichts verloren, manche sind historisch zu lesen, doch vieles trifft heute immer noch zu. Außerdem ist die literarische Form der Reportagen zeitlos und poetisch zugleich.
Anne Reyers