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Ibicaba – das Paradies in den Köpfen

Hasler, Eveline.  dtv 10891, 14. Aufl. 2014. € 9.90

Dieser Roman erschien bereits 1985, doch vor der aktuellen Flüchtlingssituation im Mittelmeer liest sich das Buch noch einmal ganz anders.

Die Hungersnöte im 19. Jahrhunderts waren Auslöser verschiedener Auswandererwellen nach Amerika, so auch 1855, als im Glarnerland, Graubünden und Zürich das Elend so über Hand nimmt, das sich die Menschen auf in das ‚gelobte Land Brasilien‘ machen. Die Propaganda in den Zeitungen, so ‚Der Kolonist‘, ein schweizerisches Auswanderungsblatt, üben Faszination aus und nähren die Vorstellung eines besseren Lebens.
Die schwierige Überfahrt überstehen nicht alle, die Hoffnung auf das neue Leben erfüllt sie – nach der Ankunft stellen die Neusiedler fest, dass sie unter Kontraktbedingungen schuften müssen, die Sklavenarbeit ist: festgelegtes Kopfgeld ist zurückzuzahlen, Lebensmittel zu überhöhten Preisen zu kaufen, die Schulden binden sie an den Fazendeiro, der neuen Sprache nicht mächtig, werden sie über den Tisch gezogen. Sie versuchen eine Art Aufstand, der brutal niedergeschlagen wird.
Der Lehrer Davatz, dessen Notizen die historische Grundlage für den Roman bilden, steht im Fokus des Geschehens, doch letzten Endes gibt er auf und geht in die Schweiz zurück.
Wie auch die anderen historischen Romane Eveline Haslers basiert dieser auf vielen Fakten und ist doch eindringlich und anschaulich geschrieben. Sklavenarbeit gibt es auch heute noch in Brasilien, ebenso so die Wirtschaftsflüchtlinge, ob sie nun vom Land in die Städte gehen oder über das Mittelmeer kommen.

Anne Reyers