Krieg in Mirandão
Molicar, Fernando, Krimi, Hamburg 2006: Ed. Nautilus. € 13.90
Mirandão – eine Favela irgendwo in Rio de Janeiro. Hier herrscht Marra, ein kleiner Drogenboss, der gern mehr Macht hätte. Seine pistoleiros setzen diese stets gewaltbereit um. Das organisierte Verbrechen, Drogenhandel und Aussichtslosigkeit haben die Favela fest im Griff.
Marumba – ein Priester in der Favela mit politischen Ambitionen – gibt ein Interview, welches seinem Bischof sehr missfällt, doch um so mehr gefällt dieses der CR. Die Conexão Revolutionária, CR, ist ein revolutionäres Bündnis: linksradikale Studenten, die den idealen Nährboden für eine Revolution im Sinne Ché Guevaras suchen und meinen, sie hätten ihn in Mirandão gefunden. Marumba soll ihnen helfen, in der Favela Fuß zu fassen.
Fontoura, ein desillusionierte Journalist, ist auf der Suche nach der ganz großen Story, die einmal der Aufmacher der Wochenendausgabe sein könnte und meint, sie eben in der Geschichte der Favela Mirandão gefunden zu haben. Und bleibt letztendlich doch nur wieder an den unzähligen Toten einer Nacht in Rio hängen.
Dazu die korrupte Polizei – aus diesen vier Erzählsträngen entsteht eine plastische Geschichte, ironisch und pointiert.
Molicar gelingt es, seine Sprache den jeweiligen Erzählzweigen anzupassen: die journalistisch-knappen Sätzen bei Fontoura, die Schachtelsätzen der linken Theoretiker, die so gern wie das Volk reden würden, und doch dazu den Vermittler Marumba benötigen, die verschwörerischen Sätze der Polizei und der Slang der favelados. Zu Beginn braucht der Leser allerdings ein wenig mehr Aufmerksamkeit, da das Springen zwischen den verschiedenen Orten und Sprachen etwas gewöhnungsbedürftig ist. Doch dann macht das Lesen umso mehr Vergnügen. Eine geistreiche und auch ironische Erzählung über die politische und gesellschaftliche Situation im Brasilien unserer Zeit.